Wahlprüfsteine zur OB-Wahl in Tübingen

Aufgrund der aktuellen Geschehnisse und Positionierungen im Zusammenhang mit den Aufdeckungen um die grausamen Primatenversuche am Tübinger Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik hat sich Act for Animals entschieden, zur anstehenden Wahl für das Amt des Oberbürgermeisters einige Wahlprüfsteine zu erstellen. Die Wahlprüfsteine sollen in erster Linie dazu dienen, deutlich zu machen, wie sich die einzelnen Kandidaten zu den Primatenversuchen positionieren. Dabei muss betont werden, dass vom Amt des Bürgermeisters keine Entscheidungsbefugnis in Bezug auf Tierversuche ausgeht. Trotzdem erachten wir es als wichtig, deutlich zu machen, wie sich die einzelnen Kandidaten positionieren.

Neben dem Thema der Primatenversuche umfassen die Wahlprüfsteine weitere Fragen zu tierschutzpolitischen Themen – darunter geht es um den Ausbau des Angebots vegetarischer und veganer Speisen in öffentlichen Kantinen, um ein kommunales Wildtierverbot für Zirkusse sowie um generelle tierschutzpolitische Themen in den Wahlprogrammen.

Die Fragen zu unseren Wahlprüfsteinen wurden an alle OB-Kandidaten geschickt, an Herrn Boris Palmer (Oberbürgermeister), Frau Beatrice Soltys (Bürgermeisterin), Herrn Markus Vogt (Philosoph und Musiker) sowie Herrn Hermann Sassmannshausen (Lagerist). An alle Kandidaten geht unser Dank, dass sie sich die Zeit und Mühe gemacht haben, zu unseren Fragen Stellung zu beziehen.

Zur besseren Anschaulichkeit haben wir die verschiedenen Positionen in einer Ampeltabelle zusammengefasst. Unten stehend befinden sich die ausführlichen Antwortschreiben der Kandidaten zu den einzelnen Fragen.

 

Wahlprüfstein 1:
In Tübingen werden in der Abteilung Kognitive Neurologie am Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung, in der Abteilung für Tierphysiologie am Institut für Zoologie der Universität Tübingen sowie am Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik Versuche an Primaten durchgeführt. Dabei handelt es sich um Grundlagenforschung, die auf keinen medizinischen Erkenntnisgewinn abzielt. Wie positionieren Sie sich zu den Tübinger Primatenversuchen?

Boris Palmer:
Tierexperimentelle Forschung – auch mit nichthumanen Primaten – ist notwendig, um zentrale wissenschaftliche Fragen zu beantworten und damit u.a. auch die Grundlagen für neue Behandlungsansätze in der Medizin zu schaffen. Unter anderem haben folgende Erkenntnisse und Behandlungsansätze direkt von Versuchen mit nichthumanen Primaten profitiert:

  • Die Insulin-Behandlung von Diabetes-Patienten
  • Verbesserte Techniken für Herz-, Augen und Knochenoperationen
  • Behandlung des Polyzystischen Ovarialsyndroms und Endometriose bei Frauen
  • Entdeckung des Rhesus-Faktors für die Serumverträglichkeit von Müttern und ihren Ungeborenen
  • Tiefe Hirnstimulation, die u.a. mittlerweile ein etabliertes Verfahren zur Behandlung der fortgeschrittenen Parkinsonkrankheit ist
  • Bewegungstherapie bei Schlaganfallpatienten (CIMT).

Die Tübinger Forschung gehört weltweit zur Spitze. Mit einem neuen methodischen Ansatz ist es Nikos K. Logothetis und seinen Mitarbeitern vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen 2001 gelungen, das Verständnis für die Grundlagen der funktionellen MRT (fMRT) maßgeblich zu erweitern: Diese Forschung ermöglichte es erstmals, einen Zusammenhang herzustellen zwischen den MRT-Daten, die die Sauerstoffsättigung des Blutes erfassen und der dahinter liegenden neuronalen Aktivität. Diese Publikation stellte einen Meilenstein im Verständnis der fMRT dar und verbessert die Interpretation von fMRT-Daten durch Ärzte.

Beatrice Soltys:

  1. Die Bilder erschrecken mich persönlich und machen mich zutiefst betroffen. Dass Deutschland die strengsten Tierschutzgesetze hat, scheint in einigen Fällen unnötiges Leid der Tiere nicht hinreichend verhindert zu haben. Den Ursachen muss auf den Grund gegangen werden und Abhilfen müssen so wirksam wie überwachbar sein.
  2. Es ist kein Abschieben der Verantwortung, wenn ich anerkenne, dass die Stadt Tübingen hier in der Überwachung keinerlei staatliche Rolle einnimmt oder einnehmen könnte. Andere Behörden sind hierfür zuständig und die Stadt hat als Institution keine Einflussmöglichkeiten bei der Überwachung oder gar Reglementierung.
  3. Ihre getroffene Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung und anwendungsbezogener Forschung geht davon aus, dass nur die letztere dazu dient, Fortschritte in der Medizin zu erreichen. Ich denke, das ist nicht zutreffend. Alle großen Fortschritte der Medizin bis auf einige wenige Zufallstreffer nahmen ihren Ursprung in der Grundlagenforschung.
  4. Ohne persönliche Involvierung in die Vorgänge und ohne persönliche Kenntnis der handelnden Personen bei den genannten Institutionen beurteile ich zwangsläufig nur deren öffentliche Reaktionen auf die aktuellen Bilder und Berichte. Ich erkenne darin Menschen, die sehr verantwortlich reagiert haben und sich zu Recht schützend vor ihre Mitarbeiter stellen, wo sie persönlich bedroht oder verunglimpft wurden.

Markus Vogt:
Skeptisch bis ablehnend. Ich glaube schon, dass man Tierversuche machen kann, sofern es sich um spielerische Dinge handelt. Jede Hundeschule gibt einem im Prinzip die Möglichkeit, auf empirische Weise Dinge über Tiere (Hunde) herauszubekommen. Das sind ja auch in einem gewissen Sinne Versuche. Unterschieden werden müssen davon Tierversuche, in denen diese leiden können (auch Wasserentzug) oder eben gar operiert werden. Und: Wenn es aber darum geht für die fünfzigste wissenschaftliche Publikation zum gleichen Thema auch nur irgendeine Ratte zu töten, bin ich da schon dagegen. Unser wissenschaftliches System ist ja immer mehr auf eine gewisse Publikationswut ausgerichtet. Leider.
Grundlagenforschung und Neurobiologie finde ich grundsätzlich sehr spannend und ich glaube auch, dass das MPI da nicht nur Schmu macht (man kann auch viel mit Hirnscannern bei Menschen machen z.B.); allerdings sollte man das Whistleblowing von diesem Tierpfleger keinesfalls verurteilen. Das gehört zum zivilen Ungehorsam, der auch im Sinne von Helmut Palmer einen Platz in unserer Gesellschaft haben muss. Die Bilder habe ich mir nur kurz angeschaut, ich kann sowas nicht sehen. Aber da hier offensichtlich Mist gebaut wurde, sollte man auf jeden Fall die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.Im Übrigen unterschreibe ich auch, was die Grünen im Wahlprogramm von 2011 (http://www.gruene-bw.de/fileadmin/gruenebw/dateien/Wahlen2011/Landtagswahlprogramm-web.pdf ) schreiben. Da steht:„Obwohl der Tierschutz ein Staatsziel ist, nimmt die Zahl der Tierversuche in ganz Deutschland jedes Jahr zu. Wir GRÜNEN setzen uns – wo immer möglich – für die Abschaffung von Tierversuchen und für den Einsatz alternativer Methoden ein.
Unser Ziel ist eine jährliche Reduzierung um 10 Prozent. Wir wollen Versuche an Primaten innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens beenden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen mehr Forschungsmittel in die tierversuchsfreie Forschung fließen und muss die Genehmigungs- und Kontrollpraxis für Tierversuche verschärft und transparenter gestaltet werden.“
Da muss man eigentlich gar nix mehr selbst schreiben, sondern man müsste sich daran einfach halten. Und ja, was man z.B. vorschlagen könnte als OB (auch wenn nur informell, zuständig ist man für die ganze Sache ja nicht), dass in Tübingen auch eine Professur zu „Alternativen zu Tierversuchen“ eingerichtet wird. Im Ende muss das die Uni selbst entscheiden, aber es würde gut zu unserer Stadt passen, finde ich. Hier ist der Prof aus Konstanz: http://cms.uni-konstanz.de/leist/. Er hat auch im Tagblatt ein – meiner Ansicht nach – vernünftiges Interview gegeben. In vielerlei Hinsicht kann man Tierversuche also anscheinend jetzt schon ersetzen. Wobei klar: Wenn es wirklich schlimme menschliche Krankheiten wie Ebola, Aids etc. geht UND auch aus theoretischer und empirischer Sicht man sich recht sicher ist, dass das auch was bringt, dann müsste man eben in den sauren Apfel beißen, auch Tierversuche einzusetzen. Das ist ein moralisches Dilemma, das schwierig aufzulösen ist. Ich als Philosoph drücke mich nicht darum. Z.B. bin ich auch Vegetarier und habe eine Milbenallergie. Beim Saugen töte ich Milben, die ja auch Lebewesen sind. Das ist ebenfalls ein moralisches Dilemma. Und ich weiß nicht, wie ich es ganz praktisch lösen soll…
Ach ja: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Boris Palmer nach seiner verlorenen Wahl Landesbeauftragter für Lemminge wird.

Hermann Sassmannshausen:
Die Affenversuche in Tübingen wurden uns schon im Studium Mitte der 80er Jahre von Professor Bruno Preilowski präsentiert. Die Bilder waren ähnlich (Affen komplett auf Stühle gebunden, den Kopf mit Gestellen fixiert und Elektroden in einem großen Loch in der Schädeldecke) und fast das gesamte Seminar protestierte entschieden in mehreren Sitzungen, Prof. Preilowski liess sich dadurch aber in keinster Weise beeindrucken. Ich bin ganz klar für eine sofortige Beendigung dieser Art von Versuchen, da ich sie für Tierquälerei halte. Wenn wir Menschen intelligente Wesen sein wollen, müssen wir intelligente Versuchsanordnungen schaffen. Auch die Ergebnisse dieser „Forschung“ sind ausgeschlossen fragwürdig, da nicht geklärt wird, wie die Ergebnisse unter natürlichen Bedingungen und ohne Angst, Zwang und Verletzung wären.

Unsere Antwort:
Act for Animals fordert eine möglichst baldige Beendigung der Versuche. Spätestens nach der jüngsten Undercover-Recherche eines Tierschützers in den Laboren des Max-Planck-Instituts kann als bewiesen gelten, dass die Versuche von äußerster Grausamkeit gezeichnet sind und allein aus wissenschaftsethischen Gründen nicht mehr genehmigt werden dürften. Wir halten es nicht nur für notwendig, die Versuche behördlich zu verbieten, sondern glauben auch, dass eine öffentliche Verteidigung der Versuche, wie sie von manchen Personen vorgetragen worden ist, äußerst unangemessen ist.
Außerdem ist der wissenschaftliche Nutzen derartiger Versuche auch unter Ärzten und Forschern höchst umstritten, die verwendeten Mittel wären in der tierversuchsfreien Forschung besser investiert.

Wahlprüfstein 2:
Die Probleme, die die Massentierhaltung mit sich bringt, sind in aller Munde. Immer mehr Menschen entscheiden sich deshalb für eine pflanzliche Ernährungsweise. Werden Sie sich für einen Ausbau des vegetarisch-veganen Angebots in öffentlichen Kantinen und Mensen in Tübingen einsetzen?

Boris Palmer:
Ich habe mich schon als AStA-Referent für Umwelt und Verkehr in den 90er Jahren erfolgreich dafür eingesetzt, vegetarische Gerichte anzubieten. In dieser Zeit habe ich auch eine Abstimmung unter Studierenden über eine ökologische Mensapreisreform (Erhöhung des Preises für die Fleischmahlzeit und Absenkung des Preises für das vegetarische Menü) eingesetzt. Auf freiwilliger Basis sollte vegetarische Ernährung in öffentlichen Kantinen unterstützt und gefördert werden. Wir bieten daher in städtischen Einrichtungen vegetarische Gerichte an und setzen auf einen hohen Anteil an Bioprodukten. Das möchte ich fortsetzen.

Beatrice Soltys:
In meinem persönlichen Umfeld und in meiner Familie beobachte ich diese wachsende Achtsamkeit für die Tiere und viele persönliche Entscheidungen von Freunden und Verwandten, sich überwiegend oder ausschließlich vegetarisch und zum Teil auch konsequent vegan zu ernähren.
Der positive gesundheitliche Effekt vegetarischer Ernährungsanteile gerade bei Kindern und Jugendlichen ist nachgewiesen. Entsprechend muss der Speiseplan der Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen diese positiven Effekte unterstützen und deshalb das Angebot ausgewogener und gesunder Lebensmittel bereithalten wie auch die persönlichen Entscheidungen für eine vegetarische Ernährung voll respektieren.
Aufklärung und entsprechende Angebote sind hier die Aufgabe des Staates und damit der Stadt Tübingen in seinen Aufgabenbereichen, Bevormundung und Erziehung bei persönlichen Lebensfragen und Einstellungen sind dagegen nicht seine Aufgabe. Eine Stadt muss sich um alle Menschen kümmern. Sie aber nach einem Idealbild zu formen und zu erziehen, das wäre meine Sache nicht.

Markus Vogt:
Ich bin selbst Vegetarier und begrüße jegliche Art von gutem vegetarischem und auch veganem Essen. Oft – so z.B. in der Uni-Mensa in Tübingen – ist das vegetarische Essen einfach nicht gut. Da bin ich dafür, bessere Angebote zu machen. Sowohl vegan als auch vegetarisch. Allerdings bin ich grundsätzlich immer sehr liberal und eher dafür Angebote zu machen als irgendjemandem was zu verbieten. Ich verurteile niemanden, weil er Fleisch ist; ich glaube nur, dass es genug vernünftige Argumente gibt, es nicht zu tun und mache es deshalb auch (zumindest seit 2007) nicht mehr.Allerdings ist öfters für Vegetarier und Veganer (nicht nur in öffentlichen Mensen) das Angebot eben entweder nicht da oder eben eingeschränkt. Außerdem gibt es auch Omnivoren, die gerne mal vegetarisch essen und so eben „auf den Geschmack“ kommen können. Dazu muss das essen aber gut sein. Bzw. am besten sehr gut. Oft hat mir das vegane Zeug oft nicht so geschmeckt. Aber dass es geht, zeigt z.B. der Veganer in der Mühlstraße, wo ich sehr gerne hingehe.
Insofern, klar, würde ich mich für bessere Qualität und auch Quantität von veganem und vegetarischem Essen als Alternative einsetzen, wenn das von den Leuten gewünscht ist.

Hermann Sassmannshausen:
Nach dem Abitur arbeitete ich 2 ½ Monate in der Landwirtschaft u. a. mit Hühnern in Käfighaltung. Seither habe ich fast kein Hühnerfleisch mehr gegessen... In Einzel- und Massentierhaltung muss gelten: Genügend Auslauf und Unterstände, auch für die Aussenseiter in der Herde..
In Cafeterien und Mensen sollten vegetarische Gerichte zum Standard gehören und vegane nach Bedarf an zentralen Standorten. Dies wird aber auch von Imbissen und Bäckereien angeboten, selbst innovative Metzger und Caterer haben das erkannt.

Unsere Antwort:
Die Probleme der modernen Tierindustrie sind hinlänglich bekannt. Act for Animals setzt sich deshalb dafür ein, dass der Weg hin zu einer tierfreundlichen, vegetarischen oder veganen Lebensweise möglichst einfach vollzogen werden kann. Von grundlegender Wichtigkeit dafür ist, in welcher Breite in öffentlichen Kantinen ein vegetarisch-veganes Essensangebot verfügbar ist. Einen Ausbau dieses Angebots begrüßen wir ausdrücklich.

Wahlprüfstein 3:
In Zirkussen werden nach wie vor Wildtiere zu Unterhaltungszwecken unter artwidrigen Umständen gehalten. Zirkusse wie „Circus Krone“, „Zirkus Charles Knie“ oder „Circus Montana“, welche Wildtiere führen, gastierten bereits in Tübingen. In Städten wie zum Beispiel Baden-Baden, Köln, München oder Potsdam bestehen aus Gründen des Tierschutzes bereits regionale Wildtierverbote. Halten Sie ein kommunales Wildtierverbote auf öffentlichen Flächen in Tübingen in naher Zukunft für umsetzbar und werden Sie sich dafür stark machen?

Boris Palmer:
Ich unterstütze die Initiative der grünen Bundestagsfraktion, die Haltung von Wildtieren im Zirkus durch eine Positivliste auf die Tierarten zu beschränken, die dadurch nicht leiden. Ein generelles Verbot erscheint mir auch kommunal zu weit gehend.

Beatrice Soltys:
Hier würde ich nach dem Bürgerwillen fragen. Er kann sich in Bürgerbegehren oder über die Gemeinderäte artikulieren. Meine persönliche Einstellung hat als OB genau eine Stimme im (mit der Stimme des OB) 41-köpfigen Gemeinderat. Und bei solchen allgemeinen Lebensfragen sollte ein Oberbürgermeister seine eigenen Wertungen und Maßstäbe in den Hintergrund stellen und die Entscheidung der Bürger hören. Es steht einer Demokratie nicht gut an, die persönlichen Entscheidungen des OB 3 ohne Bürgerbeteiligung zu „verordnen“ oder die Meinungsbildung in eine Richtung zu lenken.
Die Forderung ist legitim, sie muss wie alle anderen Meinungen Mehrheiten finden. Ich werde weder in der einen noch der anderen Richtung diese Meinungsbildung beeinflussen.

Markus Vogt:
Mit dem Thema habe ich mich ehrlich gesagt noch kaum beschäftigt. Aber klar: Wenn es den Tieren dort nicht gut geht, dann sollte man auf jeden Fall ein solches Verbot durchsetzen. Anscheinend (kurze Recherche im Netz) haben Länder wie Belgien und Österreich auch ein Wildtierverbot. In Deutschland ist sowas halt immer schwieriger. Falls es aber in kommunaler Verantwortung ist, würde ich das begrüßen und auch im Stadtrat vorschlagen.Das einzige, was ich gut fände, wäre ein Zoo für Mini-Einhörner. Das fordert die PARTEI schon lange. Gibt es bei Ebay anscheinend recht günstig als Stofftier.

Hermann Sassmannshausen:
Man sollte meiner Meinung nach nicht von einem Extrem ins andere fallen. Tiger, Löwen, Bären, Flusspferde gehören nicht in den Zirkus, die angelernten Fähigkeiten sind höchst fragwürdig. Auch bei regional vorkommenden Tieren ist der Erkenntnisgewinn und selbst der Showeffekt oft gering. Vor hundert Jahren wurden noch Behinderte vorgeführt, nun wäre es an der Zeit, die meisten Tiere aus dem Zirkus zu verbannen, ganz besonders die, die „backstage“ in Käfigen vegetieren. Ein Verbot muss aber klar gegliedert sein, eine Keule gegen alle wird zum Bumerang. Wenn es hiesse, dass nirgends Tauben, Enten, Schwäne, Fledermäuse, Dachse etc. leben dürfen und ein Kamelreiter sofort arrestiert würde, wäre das natürlich Unsinn.

Unsere Antwort:
Wildtiere können in Zirkussen nicht artgerecht gehalten werden. Jedes einzelne Tier in einem Zirkus hat eine individuelle Leidensgeschichte, welche geprägt ist von Gefangenschaft, langen Transporten in engen, dunklen Transport-LKWs, grausamen Trainings für die Aufführung unnatürlicher „Kunststücke“ etc. Ein kommunales Wildtierverbot, dessen Einführung Act for Animals nachdrücklich begrüßt, würde es ermöglichen, wildtierführenden Zirkussen die rote Karte zu zeigen. Ein Gastieren dieser Zirkusse wäre mit dem Verbot ausgeschlossen.

Wahlprüfstein 4:
Finden sich in Ihrem Programm für die nächsten acht Jahre in Tübingen weitere Projekte, die dem Tierschutz dienen sollen? Falls ja, welche?

Boris Palmer:
Im publizierten Programm finden sich solche Punkte nicht. Gerade erst hat die Stadt Tübingen den Zuschuss für das Tierheim deutlich erhöht. Auch in Zukunft werde ich mich dafür einsetzen, dass die notwendige Finanzierung für die Sicherung des Tierschutzes bereit gestellt wird.

Beatrice Soltys:
Ich war vor zwei Tagen im Tübinger Tierheim. Dort wird nicht nur von aufopferungsbereiten und engagierten Menschen eine wichtige Schutzaufgabe für Tiere geleistet. Diese Aufgaben gehören eben auch zu den Pflichtaufgaben einer Kommune, für die sie auch Mittel zur Verfügung stellen muss. Dann kann es nicht angehen, dass der Trägerverein ständig und trotz vieler privater Spenden wirtschaftlich auf der Kippe steht.
Ich werde mich sehr gerne in meiner Amtszeit regelmäßig mit Tierschützern treffen, um aktuelle oder langfristige Fragestellungen und Anregungen kennenzulernen.

Markus Vogt:
Ja. In meinem 99-Punkte-Sofortprogramm, das leider etwas kurz geworden ist, eigentlich hätte ich ein 999-Punkte-Sofortprogramm machen sollen, gibt es ein paar Punkte. Allerdings ist mein Wahlprogramm nicht besonders fix. Nach der Wahl werde ich ein Haufen Wahlversprechen brechen müssen, dafür werden aber welche dazukommen, von Leuten, die sich zivilgesellschaftlich in Tübingen engagieren und einfach nur irgendwas haben wollen.
Die Punkte soweit:
29. Die essbare Stadt. Andere Städte wie Andernach kann man schon essen. Andernach schmeckt nach Obst und Gemüse (echt!) Tübingen muss auch essbar werden. Allerdings fordern wir Schokoladen- und Gummibärchengeschmack.
65. Tübingen benötigt einen Zoo für Mini-Einhörner, Drachen und natürlich für das eine fliegende Spaghettimonster.
93. Tierschutz: Hühner müssen mehr geschützt werden und auch kommunal gefördert werden. Wir brauchen Stadthühner, nicht nur Stadttauben und Stadtratten.
Erläuterung:Ad 29.: Das ist recht interessant. Ich glaube, dass Gartenanlagen gut sind für die Artenvielfalt. Zumindest für Bienen und so könnte man da auch noch was machen. Die fehlen ja. Es gibt auch schon eine Tübinger Initiative zur essbaren Stadt. Man baut halt gemeinschaftlich, ehrenamtlich etc. Sachen an und jeder, der will, kann sich was mitnehmen. Ich kenne jemanden in Trier, der sich dort für die Kommunalpolitik engagiert und meinte, dass die dort auch schon vier Gärten haben. Auf jeden Fall ist das besser als eine reine grüne Wiese, was für viele Tiere, glaube ich, recht langweilig ist…
Ad 65. Das hab ich eigentlich hauptsächlich deshalb reingeschrieben, weil ich im blauen Salon Leute kennengelernt habe, die das wollten und ich bin ja ein bürgernaher Dings, OB!
Ad 93. Wir beim Stammtisch „Unser Huhn“ lieben Hühner. Wir könnten durchaus ein paar gebrauchen, z.B. auf der Platenenalle oder so…
Ja, und dann noch: Was ganz wichtig ist, sind Bannwälder. Das geht schon in die richtige Richtung, die Tübinger Förster wollen 5-8% des Waldes in Tübingen sozusagen „verurwalden“ lassen. Vielleicht kann man auch noch das ein oder andere Prozent draufpacken. Auf jeden Fall sind diese Bannwälder gut für die Artenvielfalt.
Und dann bin ich ja für Plattenbauten auf dem Golfplatz vom Kressbach (der Golfplatz wird plattgemacht). Wenn man auf die Plattenbauten Gärten draufmacht, dann ist das auch wieder besser für die Natur als eine langweilige Wiese. Zumal man insgesamt sagen muss, dass Urbanisierung und Naturschutz, wenn man es intelligent macht, kein Gegensatz sein muss. Langweilig für die Viecher sind die unsäglichen vielen Felder, von denen man zwar auch ein paar braucht zur Nahrungsmittelversorgung, aber sicher nicht um Sprit herzustellen. Da muss man dann wieder mit Elektroautos was machen – und dann aber ohne Atomstrom. Aber das ist ein ganz anderes Thema…

Hermann Sassmannshausen:
An dieser Stelle muss gesichert sein, dass das Tierheim in sinnvoller Weise arbeiten kann; dazu sollte für jeden klar ersichtlich sein, wohin, wann und wie er ohne Anklage unerwünschte, verletzte, verirrte Tiere bringen kann und was unterbleiben sollte. Dazu sollten die Tierschutzorganisationen Projekte entwerfen, die dann mit der Stadt, Schulen, Vereinen, Universität, Forstverwaltung und Tierstationen umgesetzt werden können.
Das Tierheim sollte als Verteiler- und Informationsstelle weiter ausgebaut werden, die Bereitschaft der Bürger, Tieren in Not zu helfen, sollte durch konkrete Information gefördert werden.
Das bedeutet auch, Satzungen der Stadt nach Auswertung von Projekten anzupassen.
Dazu gehört aber auch, Prioritäten zu setzen und die hauptsächliche Eigenarbeit und Mitarbeit der Tierschützer.
Bei Unfällen und Bränden werden im Zweifelsfall die Menschen vor den Tieren gerettet und jeder sollte sich intensivst überlegen, ob in seinen Lebensplan und Platz ein Tier mit der jeweiligen Lebensdauer passt. Die Allgemeinheit ist nicht dazu da, wechselnde spleenige Ideen auszubaden, sondern Tieren in Not, nur wenn die Halter echte Probleme bekommen, zu helfen, denn die Tiere können ja meist nichts dafür, auch die Zirkustiere nicht.

Unsere Antwort:
Das Amt des Oberbürgermeisters stellt nur wenig Entscheidungsraum in Bezug auf tierschutzpolitische Themen bereit. Dennoch wertet Act for Animals jeden tierschutzpolitischen Einsatz positiv.

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